Aktuelle Inhalte aus dem Organisationshandbuch

2.2 Voruntersuchung

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Vorgehensmodell

Die Voruntersuchung ist eine der Hauptuntersuchung vorgeschaltete Betrachtung, die den ersten Überblick aus den Vorüberlegungen zum Untersuchungsbereich, zur Problemstellung, zum Erhebungsumfang, zur angemessenen Erhebungsmethodik, zur Vorgehensplanung, zum zeitlichen Aufwand und erforderlichen personellen Kapazitäten weiter konkretisiert. Die Voruntersuchung dient u. a. der Überprüfung der Erfolgsaussichten und der Wirtschaftlichkeit der Untersuchung, der Ermittlung erster Lösungsansätze und der Konkretisierung des Untersuchungsauftrages.

Die Unterteilung einer Organisationsuntersuchung in Vor- und Hauptuntersuchung bietet sich an, wenn der Untersuchungsbereich noch nicht ausreichend abgegrenzt, die Zielrichtung der Untersuchung noch nicht abschließend bestimmbar ist oder die Untersuchung sehr komplex ist. Zudem ermöglichen die vordefinierten Meilensteine zum Ende einer jeden Phase das Überprüfen der bisherigen Ergebnisse, das Korrigieren von Fehlausrichtungen und das Anpassen der weiteren Vorgehensweise. Das Scheitern ganzer Projekte kann so verhindert werden. Bei einfachen Problemstellungen kann auf eine Voruntersuchung verzichtet und unmittelbar mit der Hauptuntersuchung begonnen werden.

Die Voruntersuchung kann Ergebnisse zu folgenden Fragestellungen liefern:

  • Ist die Problemstellung des Untersuchungsbereichs ausreichend bekannt und richtig definiert?
  • Sind die Ziele hinreichend definiert und priorisiert?
  • Ist der Untersuchungs- und Gestaltungsbereich ausreichend abgegrenzt?
  • Gibt es bereits erste Lösungsansätze?
  • Kann die Organisationsuntersuchung im geplanten Rahmen, mit den verfügbaren Kapazitäten zügig und zielführend durchgeführt werden?
  • Kann die geplante Organisationsuntersuchung wirtschaftlich durchgeführt werden?
  • Welche Vorgehensweise, welche Methodik ist anzuwenden?
  • Welche Hindernisse stehen der Untersuchung im Wege und (wie) können sie ausgeräumt werden?

Als unterstützende Hintergründe für die Bedeutung von Voruntersuchungen im Zusammenhang mit Organisationsuntersuchungen können folgende Erfahrungsregeln aus dem Qualitätsmanagement herangezogen werden:

80 / 20 Regel (Pareto-Prinzip):

Aufwand und Ertrag, Anstrengung und Ergebnis stehen häufig in einem nicht linearen, unausgeglichenen Verhältnis zueinander: 80% einer Aufgabe lassen sich mit 20% des Aufwands erledigen. Um die restlichen 20% der Aufgabe zu erledigen, bedarf es 80% des Gesamtaufwands [1]:

Grafik: Darstellung des Pareto–Prinzips in einer Summernkurve Grafik: Darstellung des Pareto–Prinzips in einer Summernkurve (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Darstellung des Pareto–Prinzips in einer Summernkurve

10er Regel der Fehlerkosten:

Die Kosten der Fehlervermeidung beziehungsweise der Fehlerbehebung steigen in jeder Phase um den Faktor zehn. Wenn Fehler also nicht bereits bei der Planung und Entwicklung vermieden werden, sondern erst bei der Konzeption oder der Umsetzung bemerkt und behoben werden, liegen die Kosten der Fehlerbehebung exponential höher. Diese Regeln können im übertragenen Sinne auch für die Durchführung von Organisationsuntersuchungen in der Verwaltung gelten [2]. Die Vorteile einer vorgeschalteten Voruntersuchung sind:

  • Absicherung der Problem- und Zieldefinition,
  • Voruntersuchung bindet geringe Personalkapazität,
  • Erarbeitung des Arbeitsvolumens in überschaubaren Schritten,
  • Möglichkeit der Fehlervermeidung durch Definition der richtigen Probleme, Ziele und Erhebungstechniken,
  • gegebenenfalls schnelle Problemlösung,
  • Planungssicherheit für Auftraggeber, Untersuchungsteam und Untersuchungsbereich.

Der Einstieg in die Voruntersuchung beginnt in der Regel mit der Ermittlung des Informationsbedarfs. Dieser leitet sich aus der Zielstellung der Organisationsuntersuchung ab. Vorhandene Informationen werden über eine Dokumentenanalyse gesichtet und bewertet. Die Dokumentenanalyse ermöglicht dem Untersuchungsteam einen schnellen Einblick in die Aufgaben, Prozesse, Schnittstellen und Rahmenbedingungen im Untersuchungsbereich. Soweit über die vorliegenden Dokumente der Informationsbedarf nicht abschließend gedeckt werden kann, sind weitergehende Erhebungen erforderlich. In einem möglichen weiteren Schritt werden Interviews mit Entscheidungsträgern und ausgewählten Beschäftigten des Untersuchungsbereichs, ggf. auch mit Querschnittsbereichen, geführt. Hier werden vertiefende Informationen zur Aufgabenstruktur, zu den Geschäftsprozessen, zum Personaleinsatz, den Rahmenbedingungen und Schwachstellen erfragt, um Anhaltspunkte für die in der Hauptuntersuchung geeignete Vorgehensweise zu erhalten. Es hat sich bewährt, hierzu einen Fragebogen einzusetzen, der auch Probleme und Verbesserungsvorschläge erfragt. Zur Eingrenzung des Untersuchungsbereichs kann ein Laufzettelverfahren eingesetzt werden und wichtige Informationen liefern.

Alle gesammelten Informationen werden bewertet und dokumentiert.

Nach Abschluss der Voruntersuchung werden dem Auftraggeber die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse mündlich oder schriftlich kommuniziert. Im Einzelfall reichen die in der Voruntersuchung gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsvorschläge zur Zielerreichung bereits aus. Auf dieser Basis wird über die Fortführung der Organisationsuntersuchung entschieden. Dabei wird auch eine Aussage zur Wirtschaftlichkeit der geplanten Organisationsuntersuchung gemäß § 7 Absatz 2 Bundeshaushaltsordnung getroffen. Wird die Organisationsuntersuchung fortgesetzt, folgt bei Bedarf eine weitere Konkretisierung oder Änderung der Zieldefinition, Projektplanung und Vorgehensplanung.

Wesentliche Ergebnisse der Voruntersuchung:

Aussagen über die Machbarkeit, konkretisierter Projektauftrag, Überblick über die Untersuchungsschwerpunkte, detaillierte Festlegung der Vorgehensweise und Methoden, detaillierte Projektplanung, Prognose zu erwartender Kosten (interne Ressourcen) und Ausgaben, Prognose zu erwartender Einsparpotenziale.

Methoden und Techniken der Voruntersuchung

MethodeTechnik
Datenerhebung
Dokumentation
Analyse
Kreativtechniken

Fußnote

[1] Krems. B. (2010), Begriff: 80-20-Regel
[2] Vgl. Pfeifer (2001), S.XXVIII.