Aktuelle Inhalte aus dem Organisationshandbuch

3.4 Prüfung der Nutzung von Dienstleistungszentren im Rahmen von Organisationsuntersuchungen

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Aufgabenkritik

3.4.1 Begriff "Shared Services"

Dienstleistungszentren (DLZ) haben zum Ziel, standardisierbare verwaltungsinterne Unterstützungsprozesse bei internen Dienstleistern zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen innerhalb eines Ressorts und auch ressortübergreifend zu bündeln (Shared Services). Hierbei geht es um die Bündelung von Unterstützungsleistungen (nicht: Entscheidungsaufgaben) in einer gesonderten Einheit, die „neben“ den betroffenen Grundeinheiten steht. Das Entscheidende ist, dass die Aufgaben abgebende Behörde durch die Beauftragung von DLZ ihre Entscheidungs- und Steuerungskompetenz in vollem Umfang behalten. Die erforderliche strategische Steuerung und die zu treffenden grundsätzlichen Entscheidungen werden ihnen vom DLZ nicht abgenommen. Das DLZ führt operative, unterstützende Tätigkeiten aus und trägt die unternehmerische Verantwortung für die Erstellung der übernommenen Unterstützungsprozesse. Zwischen der unterstützten Behörde (Kundenbehörde) und dem DLZ besteht ein Auftraggeber-/Auftragnehmer-Verhältnis. Mit Shared Services lassen sich die positiven Effekte der Organisationsformen "Zentralisierung" und „Dezentralisierung“ im Sinne einer funktionalen Zentralisierung (Bündelung der Leistungserstellung) bei dezentralisierter Steuerung und Entscheidung bei den Auftraggebern verbinden.

3.4.2 Vorteile von Dienstleistungszentren

Vorteile lassen sich auf drei Ebenen feststellen: Sie liegen auf der strategischen Ebene in der Konzentration der Ministerien und sonstigen Kundenbehörden auf ihre Kernaufgaben. Auf der qualitativen Ebene erfolgt eine Professionalisierung durch hohe Spezialisierung, einheitliche Qualitätsstandards und gleichmäßige Rechtsanwendung sowie in der kundenorientierten Ausrichtung durch erhöhten Service Level und ein hohes Bearbeitungsniveau. Auf der wirtschaftlichen Ebene wirken sie sich in einer Kostenreduzierung durch standardisierte Prozesse, reduzierte Durchlaufzeiten und die Realisierung von Größenvorteilen aus.

Die Bündelung interner Unterstützungsprozesse führt dazu, dass Spezialisierungsvorteile durch weit gefächerte Arbeitsteilung entstehen, atypische Fallgestaltungen bei der Bearbeitung noch seltener werden, die Einführung standardisierter Prozesse erleichtert wird, fachliche Experten besser ausgelastet werden, durch die in großem Maßstab mögliche Nutzung von fachspezifischen IT-Systemen Bearbeitungszeit und -aufwand minimiert werden können, die Ergebnisse der Unterstützungsprozesse durch Know-how-Bündelung und Spezialisierung sowie einheitliche Qualitätsstandards verbessert werden und eine einheitliche und gleichmäßige Rechtsanwendung und -auslegung (hohe Gerichtsfestigkeit) stattfindet.

Als Shared Services eignen sich besonders Unterstützungsprozesse, die die Merkmale hohe Standardisierbarkeit, großes Volumen (Routineprozesse) und Erfordernis spezieller Kenntnisse erfüllen. Bevorzugte Einsatzbereiche sind: Informations- und Kommunikationstechnik, Personalverwaltung (z.B. Lohn-, Gehalts- und Reisekostenabrechnung), Finanzen, Rechnungswesen, Innerer Dienst, Beschaffung.
In der öffentlichen Verwaltung gewinnen Dienstleistungszentren (DLZ), insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit, zunehmend an Bedeutung. Ansatzpunkt für Shared Services in der Bundesverwaltung ist die Abschichtung und Bündelung von operativen und unterstützenden Tätigkeiten aus Ministerien und nachgeordneten Behörden in einem oder mehreren DLZ auf Bundesebene, denn die Querschnittseinheiten aller Bundesbehörden arbeiten grundsätzlich nach denselben Regeln, natürlich mit besonderen Ausprägungen und Schwerpunkten im Einzelnen.

3.4.3 Prüfung der Nutzung von Dienstleistungszentren

Bundesministerien und deren Geschäftsbereichsbehörden sollen für ihre Querschnittsaufgaben Dienstleistungszentren (DLZ) in Anspruch nehmen - soweit diese unterstützende Tätigkeiten und nicht Entscheidungskompetenzen umfassen.

Im Rahmen von Organisationsuntersuchungen und den hiermit verbundenen aufgaben- und prozesskritischen Betrachtungen einschließlich Personalbemessungen sollte auch eine Prüfung der Nutzung von DLZ als Möglichkeit der Aufgabenverlagerung unter Wirtschaftlichkeitsaspekten vorgenommen werden. Die inhaltliche und wirtschaftliche Prüfung und Bewertung einer möglichen Aufgabenverlagerung ist dabei unter Einsatz der entsprechenden Methodik nach Maßgaben dieses Handbuches durchzuführen; die Ergebnisse sind dann nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren.

Um sukzessive eine Transparenz über die bestehenden und zukünftigen Unterstützungsangebote der Dienstleistungszentren des Bundes herzustellen, wurde im Intranet des Bundes zum 01.01.2010 unter www.intranet.bund.de (Rubrik: Angebote Dienstleistungszentren) eine entsprechende Informationsplattform – in einem ersten Schritt für die Aufgaben- bzw. Prozessbereiche Haushalt, Personal, Beschaffung und IT – eingerichtet. Bestehende Dienstleistungszentren werden mit dem Ziel einer flächendeckenden Nutzung konsolidiert und bis 2013 ausgebaut.

Exkurs: Privatisierung öffentlicher Aufgaben

Im Vorfeld von Privatisierungsentscheidungen müssen zwingend folgende Punkte geprüft werden:

  • Die Aufgabe muss rechtlich (zum Beispiel: Datenschutz) und tatsächlich durch Privatunternehmen erfüllt werden können.
  • Die erwartete Qualität der privatisierten Leistung muss gewährleistet sein.
  • Für die zu privatisierende Leistung muss auf dem Markt eine entsprechende Anzahl Anbieter vorhanden sein (keine Monopolbildung).
  • Die Schnittstellen zwischen Behörde und Privatunternehmen müssen eindeutig definiert werden können.
  • Es dürfen keine irreversiblen Abhängigkeiten der Behörde entstehen.
  • Die Kontrollfunktion der Behörde muss erhalten und gewährleistet werden.
  • Die Folgekosten einschließlich Transaktionskosten dürfen die bisherigen Kosten nicht übersteigen.
  • Für den Fall, dass der erwartete Erfolg der Privatisierung sich nicht einstellt, muss die Möglichkeit der Rückführung der Aufgabe möglich sein.

Hierzu gehört auch eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Diese schließt auch zwingend die Betrachtung von Transaktionskosten (Kosten, die mit der Verlagerung der Leistung einhergehen, zum Beispiel Kosten der Ausschreibung, Abwicklung, Kontrolle und Durchsetzung der Leistung) mit ein. Die nach Abschluss der Zweckkritik verbleibenden Aufgaben stellen die von der Behörde wahrzunehmenden Kernaufgaben dar. Weitergehende Betrachtungen der nach Abschluss der Zweckkritik verbleibenden Aufgaben sind im Rahmen der Geschäftsprozessoptimierung beziehungsweise Personalbedarfsermittlung vorzunehmen.

Methoden und Techniken bei der Prüfung der Nutzung von Dienstleistungszentren

Datenerhebung

Dokumentation

Analyse

Kreativtechniken