Beispiel aus der Praxis: Personalbedarfsermittlung der gemeinsamen Einrichtungen (Jobcenter)

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung


Kapitel im Organisationshandbuch2.4.1 Personalressourcen bzw. 3.11 Benchmarking
Titel des PraxisbeispielsVorgehensmodell zur Standortbestimmung der Personalausstattung der gemeinsamen Einrichtungen (gE)/Jobcenter (VSP)
OrganisationBundesagentur für Arbeit (BA)/Kommunen
ArbeitshilfeEmpfehlung des Bundes-Länder-Ausschusses nach §18c SGB II zur Personalausstattung in den gemeinsamen Einrichtungen ( Jobcentern)

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Die Verwaltungsstruktur der gemeinsamen Einrichtungen (Jobcenter) ist bundesweit einmalig: Gemeinsame Trägerschaft durch die BA und die jeweilige Kommune, Mischverwaltung aus kommunalem Personal und Personal der BA (§ 6 SGB II). Daneben bestehen die zugelassenen kommunalen Träger gem. § 6a und 6b SGB II.

Die Trägerversammlung einer gemeinsamen Einrichtung entscheidet nach § 44c Absatz 2 Satz 1 SGB II über die organisatorischen, personalwirtschaftlichen, personalrechtlichen und personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung. Die Personalausstattung der gemeinsamen Einrichtung wird dezentral gesamthaft betrachtet und muss durch die Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtungen mit beiden Trägern in der Trägerversammlung bewertet und vertreten werden. Aus der dezentralen Kompetenz und Verantwortung resultiert eine heterogene Organisation der gemeinsamen Einrichtungen. Darüber hinaus orientieren sich die Größen der gemeinsamen Einrichtungen an den Strukturen der Kreise und kreisfreien Städte. Sie sind daher ebenfalls sehr unterschiedlich.

Vor diesem Hintergrund wird ein Verfahren benötigt, welches von allen Beteiligten akzeptiert und auch von Kommunen und Ländern mitgetragen wird.

Es wurde das „Vorgehensmodell zur Standortbestimmung der Personalausstattung der gemeinsamen Einrichtungen (VSP)“ implementiert. Ein System, das die Methoden des Benchmarkings mit Dialogformaten im jeweiligen SGB II-Vergleichscluster, vertiefenden bzw. begleitenden Untersuchungen durch die Interne Beratung der BA, regelmäßigen Überprüfungen der Personalausstattung und einer regelmäßigen Transparenz für alle Akteure im SGB II aufgreift. Ziel ist es, die Strukturen und Abläufe, kombiniert mit dem Vorgehen bei Organisationsuntersuchungen zu überprüfen.

Zunächst erfolgt eine Standortbestimmung sowie eine Analyse von Handlungsbedarfen und Verbesserungs-potenzialen durch vergleichende Datenanalysen. Diese wird ergänzt durch die gezielte, in dezentraler Verantwortung durchgeführte, Evaluation und ggf. Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation (Aufgabenkritik). Besonderes Augenmerk wird dabei auf den Qualifizierungsstand der Mitarbeitenden gelegt. Dies geschieht zum einen durch wiederkehrende Selbstanalysen, zum anderen durch den zielorientierten Einsatz der Internen Beratung der BA, die die Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung unterstützend berät.

Wichtig dabei ist der Wille, die eigene Organisation offen und transparent auf den Prüfstand zu stellen und intern die Beschäftigten aktiv in die Diskussion um kontinuierliche Verbesserung einzubeziehen. Es gilt, sich schrittweise im Sinne eines zielgerichteten und wirtschaftlichen Personaleinsatzes aufzustellen.

Abhängig von der Relevanz für die eigene gemeinsame Einrichtung können dazu einzelne bis hin zu allen Einflussfaktoren aus dem VSP analysiert werden. Darüber hinaus können mit entsprechenden Begründungen auch sonstige Faktoren, wie z. B. die Anzahl der Standorte, die Gesundheitsquote oder lokale Besonderheiten und deren Einfluss auf den Personalkörper der gemeinsamen Einrichtung dargestellt werden. Ein Blick auf die Entwicklung des Kundenpotenzials ergänzt das Gesamtbild.

Auf Basis der Analyse und einer ggf. optimierten Organisation kann die Trägerversammlung ihren Kapazitätsbedarf für die gemeinsame Einrichtung feststellen. Die Orientierung an gemeinsamen Einrichtungen mit guter Gesamtperformance im jeweiligen SGB II-Vergleichstyp steht dabei immer im Mittelpunkt der Entscheidung. Leitlinie ist eine Optimierung des Verhältnisses von Ressourceneinsatz zu den Ergebnissen bzw. deren Wirkungen.

Beim VSP handelt es sich um ein dynamisches Modell, das mindestens einmal jährlich im Rahmen eines Regelprozesses in der gemeinsamen Einrichtung angewandt wird. Die für die Analyse notwendigen Daten werden zentral quartalweise aktualisiert und allen gemeinsamen Einrichtungen sowie den kommunalen Partnern und den Ländern zur Verfügung gestellt.

Mit dem VSP wird die örtliche Entscheidung zur Personalausstattung anhand verschiedener Einflussfaktoren für die Leistungsgewährung sowie für den Bereich Markt und Integration ergebnisoffen unterstützt.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Implementierung des VSP ist die Kommunikation vor und während der Einführungsphase sowie die Begleitung im weiteren Verlauf der praktischen Umsetzung.

Um eine hohe Akzeptanz bei allen Akteuren im Rahmen der dualen Trägerschaft in den gemeinsamen Ein-richtungen zu erzielen, wurden bereits im Vorfeld die Führungskräfte auf allen Ebenen, die Leitungsgremien sowie die Personalvertretung umfassend über das VSP informiert.

Die Einführungsphase des VSP wurde intensiv durch die Information der Geschäftsführungen der Jobcenter während sogenannter Thementage sowie durch die persönliche Beratung durch Personalberatung und Interne Beratung begleitet.

Aus den begleitenden Untersuchungen der Internen Beratung der BA wurden Praxishinweise ("good practice") entwickelt, die die Erkenntnisse der Organisationsuntersuchungen allen gemeinsamen Einrichtungen in strukturierten Steckbriefen zugänglich macht. Mindestens einmal jährlich findet mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren (Prozessbegleitung) ein Austausch statt, in dem über die aktuellen Entwicklungen informiert wird und offene Fragen aus der Praxis erörtert werden.

Eine weitergehende Beschreibung des VSP sowie die den gemeinsamen Einrichtungen zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel finden Sie auf den Seiten der Servicestelle SGB II, einer Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, unter "Personalausstattung".

Schlussfolgerungen/Empfehlungen:

  • Frühzeitige, begleitende Kommunikation in obersten Gremien in Bund (Bund-Länder-Arbeitsgruppe) und BA sowie in Gremien auf lokaler Ebene (Trägerversammlung) bringt Sicherheit und Verbindlichkeit
  • Breit angelegte Kommunikationsangebote für Vertreterinnen und Vertreter beider Träger auf lokaler Ebene schaffen gemeinsames Verständnis
  • Wiederholte Kommunikationsangebote für unterschiedliche Aufgabenträgerinnen und Aufgabenträger werden gerne angenommen
  • Einbindung der Personalvertretungen sowohl dezentral als auch zentral
  • Hohe Transparenz von Beginn an schafft Vertrauen und Akzeptanz

Vgl. auch Kapitel 3.11 Benchmarking (noch in Bearbeitung)

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