1.6.3 Organisationsmanagement in der Praxis
Artikel Einführung
Die Strategie [8] stellt die Ausgangsbasis für die Entwicklung und Umsetzung einer zukunfts- und zielorientierten Behördensteuerung dar. Sie gibt die Richtung für die Formulierung operativer Ziele, die Ausgestaltung der behördlichen Prozesse, die Zuordnung von Ressourcen und die Schaffung passender Organisationsstrukturen vor.
Das bedeutet auch, dass die herkömmlichen Gestaltungsfelder der Behördenorganisation wie z. B. die Aufgabenkritik [9], die Prozessoptimierung und die Personalbedarfsermittlung nicht losgelöst voneinander betrachtet werden, sondern in die zentralen Module des Organisationsmanagements („Strategie“, „Prozesse“ „Ressourcen“ und „Strukturen“) integriert werden sollten. Jedes Gestaltungsfeld lässt sich zwar einem einzelnen Modul zuordnen, allerdings sind in jeder konkreten Organisationsmaßnahme alle Module im Blick zu behalten.
Die Zusammenhänge lassen sich exemplarisch folgendermaßen verdeutlichen:
Die zweckkritische Aufgabenbetrachtung [10] ist beispielsweise ein wichtiger Input im Strategieprozess, die vollzugskritische Aufgabenbetrachtung betrifft die Prozesse. Für die Aufgaben und Prozesse ergeben sich aus der Strategie u. a. die Priorisierungskriterien, d. h. die Beantwortung der Frage: "Was zuerst?" Es ist nicht sinnvoll, vorrangig solche Prozesse zu optimieren und zu digitalisieren, die wenig oder keine strategische Bedeutung für die Behörde haben, weil sie beispielsweise nur selten und von wenigen Adressaten nachgefragt werden. Es wäre auch nicht wirtschaftlich, in solchen Prozessen den Großteil an (Personal-)Ressourcen zu binden, um ehrgeizige Qualitätsziele zu verfolgen. Die Strategie hat damit direkten Einfluss auf das Prozessmanagement und die Ressourcensteuerung.
Die Etablierung der erforderlichen Managementprozesse (z. B. Zielvereinbarungs-, Budgetierungs- und Planungs-Prozesse) ist Element des Prozessmanagements. Dieses stellt u. a. sicher, dass alle (Management)-Prozesse koordiniert und organisiert durchlaufen werden, um gemeinsam die strategischen Programme zu unterstützen. Prozessgestaltung und Prozessmanagement haben eine Schlüsselrolle innerhalb des Verwaltungsmanagements, da hier die Verbindung zwischen strategischer und operativer Ebene geschaffen wird.
Die Prozessoptimierung wirkt sich auf die im Prozess gebundenen Personalressourcen aus. Im Sinne der Strategie ist es nicht zielführend, für alle Prozesse und Aufgabenfelder ehrgeizige Ziele zu definieren und dann in zähen, unfruchtbaren Diskussionen um die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu ringen. Stattdessen sollte die strategiekonforme Formulierung bereichsbezogener Ziele transparente Kriterien für die Zuweisung der Ressourcen liefern [11]. Die Ausrichtung des Handelns an diesen Kriterien setzt allerdings voraus, dass alle Bereichsverantwortlichen sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die übergeordneten Ziele über ihre Bereichsziele stellen und in einer strategisch weniger relevanten Aufgabe keine Herabwürdigung der eigenen Organisationseinheit, Rolle oder gar Person sehen. Dies setzt eine entsprechende Motivation der Betroffenen und eine diese unterstützende Führungs- und Organisationskultur voraus.
Die Verteilung und Zuweisung von Ressourcen in einer Behörde darf sich nicht allein auf eine erfolgreiche Verhandlung stützen, sondern sollte sich an den strategischen Zielen und den damit verbundenen Aufgaben einer Organisation orientieren. Um klare Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welcher Personalbedarf für eine bestimmte Aufgaben- und Prozessqualität erforderlich ist, sind regelmäßige Personalbedarfsermittlungen unerlässlich. Eine an den Aufgaben und Prozessen orientierte und fortgeschriebene Personalbedarfsermittlung sollte Aufschluss darüber geben, wie sich Veränderungen in den angestrebten Service-, Reaktions- und Bearbeitungszeiten, Veränderungen oder Wegfall von Arbeitsschritten durch Digitalisierung usw. auf den quantitativen Personalbedarf auswirken.
Nicht nur die Prozesse, sondern auch die Strukturen einer Behörde müssen im Einklang mit den strategischen und operativen Zielen der Bereiche kontinuierlich angepasst und weiterentwickelt werden. Behörden müssen heute immer häufiger in der Lage sein, ad-hoc-Aufgaben in geeigneten Strukturen effizient zu erledigen. Organisationsstrukturen müssen so gestaltet sein, dass eine Behörde flexibel auf sich immer schneller verändernde Anforderungen reagieren kann, gleichzeitig aber eine ausreichende Stabilität der Organisation gewährleisten. Fallbezogen ist zu entscheiden, welche Aufgaben in Projekten, in Arbeitsgruppen, in temporären, organisationsübergreifenden Expertengruppen oder in klassischen Abteilungen und Referaten zu bearbeiten sind. Eine bedarfsgerechte Mischung aus agilen und klassisch hierarchischen Strukturen ist erforderlich, damit die Verwaltung auch künftig ihre Aufgaben schnell und effektiv erledigen kann.
In den Ausführungen zu jedem Modul des Organisationsmanagements werden die jeweiligen Organisations- und Gestaltungsaufgaben praxisnah beschrieben, in Beziehung zueinander gesetzt und durch Beispiele erläutert.
Fußnoten
[8] Zum Strategiebegriff siehe Abschnitt „Modul Strategie“.
[9] Zum Begriff Aufgabenkritik siehe Ausführungen im bisherigen Orghandbuch.
[10] Zu den Erläuterungen siehe Ausführungen im bisherigen Orghandbuch.
[11] Vgl. Schedler, Siegel 2004, S. 165.