1.7.3 Notwendigkeit eines Kulturwandels

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Einführung

In jüngerer Zeit gelangen die kulturellen Voraussetzungen einer modernen, digitalen Verwaltung verstärkt in den Fokus. Denn bei allem Wissen über eine moderne Organisationsgestaltung erzielen Veränderungsmaßnahmen nicht immer die gewünschten Effekte. Projekte scheitern und Gelerntes kann nicht wirksam umgesetzt werden. Mögliche Ursachen können darin liegen, dass beispielsweise Fehlerintoleranz und iterative Entwicklungszyklen in Widerspruch stehen oder das Bedürfnis nach Klarheit und Sicherheit einerseits und das schrittweise Herantasten an Lösungen für komplexe und neuartige Aufgaben andererseits unvermittelt aufeinandertreffen.[16] Die Erkenntnis, dass die aktuellen Herausforderungen nicht mehr ausschließlich innerhalb hierarchischer Organisationsstrukturen, mit starrer Zuständigkeitsorientierung, unflexiblen Arbeits- und Präsenzpflichten und, „Befehl und Gehorsam“ zu bewältigen sind, ist in vielen Behörden angekommen.

Eine hohe Personalfluktuation, ein ansteigender Krankenstand, zunehmende Konflikte und Beschwerden, eine geringe Veränderungsbereitschaft, aber auch Bearbeitungsrückstände oder eine insgesamt sinkende Leistungsfähigkeit können Indizien für unzufriedene, unmotivierte Beschäftigte sein, was auch in nicht (mehr) passenden kulturellen Rahmenbedingungen begründet sein kann. Dann empfiehlt sich die Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis der Organisation: Was ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Hierarchieebenen wichtig? Wie sollen gemeinsame Werte z. B. in der Zusammenarbeit, in der Kommunikation, der Führung und Arbeitsorganisation gelebt werden? Risiken einer ausbleibenden Auseinandersetzung mit dieser Thematik können sein:

  • Widerstände und Reibungsverluste,
  • Frustrationen und Demotivation der Beschäftigten,[17]
  • Modernisierungsvorhaben bleiben wirkungslos,
  • Projekte scheitern an Kompetenzrangeleien oder Akzeptanzproblemen.


Wichtig/Bildquelle: BMI

Zwar beeinflussen organisatorische und strukturelle Veränderungen wie z. B. mobiles Arbeiten, das Arbeiten in (Projekt-)Teams oder in behördenübergreifenden Netzwerken auch die Organisationskultur; dennoch ist nicht davon auszugehen, dass neue Strategien, Prozesse und Strukturen wie von selbst ihre Wirkung entfalten.


Vor diesem Hintergrund lohnt es sich für jede Behörde, sich mit ihrer Führungs- und Organisationskultur zu beschäftigen und diese soweit möglich bewusst zu gestalten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die Kultur vollkommen ungesteuert verändert und der Erfolg der Organisation damit auch nur zufällig eintreten kann.

Organisationskultur ist nicht festgeschrieben, sie entwickelt sich in einem stetigen Transformationsprozess weiter – idealerweise entsprechend der Anforderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung. So wie jede Organisationskultur sich selbst entwickelt hat, lässt sie sich auch durch sich selbst, d.h. von innen heraus, verändern. Organisationen als soziale Systeme besitzen die Fähigkeit zur Selbstorganisation und sind in der Lage, sich von innen heraus weiter zu entwickeln. Auf dieser Grundannahme basieren die in den Behörden initiierten Prozesse des bewussten Kulturwandels.

Fußnoten

[16] Vgl. dazu auch Frieling, Christante 2002, S. 262
[17] Vgl. Hopp, Göbel 2008, S. 29