2.4.3.5.3 Repräsentativer Erhebungszeitraum
Artikel Einführung
2.4.3.5.3.1 Auswahl des repräsentativen Erhebungszeitraums
Die Auswahl des Erhebungszeitraumes ist für die Datenqualität insbesondere dann wichtig, wenn es im zu untersuchenden Bereich unterschiedliche jahreszeitliche Belastungsspitzen gibt, die Auswirkungen auf die Repräsentativität der Erhebung haben können. Beispielsweise sind die Antragszahlen in der Beihilfestelle in den Monaten Dezember und Januar besonders hoch. Dagegen sind sie in den Sommerferienzeiten, z. B. im Juli und August eher niedrig. Die im Stichprobenverfahren anzuwendenden statistischen Formeln gehen von dauerhaft gegebenen Rahmenbedingungen aus. Im Erhebungszeitraum sollte daher eine typische Situation, z. B. durchschnittliche Antragszahlen bei durchschnittlicher Abwesenheitsquote und einer durchschnittlichen Anzahl von Arbeitstagen bei der Aufgabenerledigung vorliegen. Weicht die Arbeitssituation im Erhebungszeitraum erheblich vom Üblichen ab, können entweder keine belastbaren Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit gezogen werden oder es müssen zusätzlich Korrekturberechnungen durchgeführt werden. Eine repräsentative Betrachtung ist im Ausnahmefall auch bei erheblichen jahreszeitlichen Belastungsspitzen möglich, wenn eine im Betrachtungsbereich praktizierte Kombination von Leitungs- und Eingangssteuerung innerhalb des Prozesses vorliegt. Ein Zeitraum kann in diesem Fall in Absprache mit dem Betrachtungsbereich als repräsentativ bewertet werden. Es muss geprüft werden, ob es für den betrachteten Prozess/die betrachtete Aufgabe grundsätzlich einen oder mehrere repräsentative Erhebungszeiträume gibt, die sich für die Datenerhebung anbieten. Um eine angemessene Entscheidung treffen zu können, sollte – soweit vorhanden – auf Daten aus dem Betrachtungsbereich zurückgegriffen werden, insbesondere die Einschätzung der Beschäftigten sowie Statistiken zu den Arbeitsmengen (z. B. Anzahl der Geschäftsvorfälle pro Jahr oder Monat) oder Zeiten (z. B. Bearbeitungs- und Liegezeiten pro Vorgang). Ist die Datenerhebung im repräsentativen Erhebungszeitraum organisatorisch nicht möglich, muss geprüft werden, wie über Korrekturberechnungen die erforderliche Datengüte erreicht werden kann. So kann es z. B. sein, dass der Betrachtungsbereich angibt, dass aufgrund besonders geringer Abwesenheitszeiten der gewählte Zeitraum nicht repräsentativ sei. In diesem Fall ist die zunächst fehlende Repräsentativität durch den Reservebedarfszuschlag auszugleichen.
Sollten sich andere Gründe während der Erhebung herausstellen, dass eine Repräsentativität anzuzweifeln ist, ist entsprechend nachzusteuern. (vgl. hierzu auch die Ausführungen in der FAQ-Liste).
Tritt während des Erhebungszeitraums beispielsweise eine außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Störung wie kompletter ganztägiger Stromausfall oder IT-Ausfall auf und verliert das Organisatorenteam dadurch einen Erhebungstag, bestünde die Möglichkeit, den Erhebungszeitraum noch um einen Tag zu verlängern. Allerdings muss auch dann sichergestellt sein, dass der Erhebungszeitraum repräsentativ bleibt. Eine andere Möglichkeit wäre, häufiger am Tag Beobachtungen durchführen, soweit dies nicht zu Verzerrungen führt, oder auch die Untersuchung komplett abzubrechen und nochmal neu zu beginnen, z. B. im neuen Monat, wenn der Zeitraum dann ebenso repräsentativ wäre.
Die Maßnahmen der Nachsteuerung hängen demzufolge eng mit den Gründen für den Wegfall Repräsentativität zusammen.
2.4.3.5.3.2 Festlegung der Zeitdauer der Erhebung
Die Zeitdauer der Erhebung innerhalb eines repräsentativen Erhebungszeitraums spielt nicht nur bei der Vollerhebung (vgl. auch Teilerhebung mittels Stichprobe) eine wichtige Rolle. Sie hat auch einen bedeutenden Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse des Stichprobenverfahrens. Die Zeitdauer der Erhebung für eine prozessorientierten PBE (vgl. dauerhafte Aufgaben bzw. Prozesse sowie Basisdaten/Aufgaben und Prozesse) sollte so gewählt werden, dass der notwendige Stichprobenumfang auch erreicht werden kann. Sollte der Stichprobenumfang im Erhebungszeitraum voraussichtlich nicht erreicht werden können, müssen ergänzende Maßnahmen eingeplant werden, bei einer Selbstaufschreibung beispielsweise die Ergänzung durch das Analytische Schätzen. Bei einer aufgaben- bzw. arbeitsplatzbezogenen PBE gibt der Stichprobenumfang die Anzahl der einzubeziehenden Beschäftigten an. Hier hat der Stichprobenumfang keinen Einfluss auf die Zeitdauer.
Ist die Zeitdauer sehr kurz, haben sich die Beschäftigten noch nicht hinreichend an die Erhebung gewöhnt. Die Fehleranfälligkeit ist insbesondere in der Anfangsphase einer Erhebung sehr hoch, weshalb eine mehrtägige Testphase vorgesehen werden sollte. Dauert die Erhebung sehr lange, schleichen sich nach einer Weile verstärkt Ermüdungserscheinungen und somit Nachlässigkeiten ein, weil die Erhebung zunehmend als störend empfunden wird. Diese Fehlerquellen werden häufig unterschätzt. Sie können aber die Qualität der Erhebung ebenso negativ beeinflussen, wie eine fehlerhaft gezogene Stichprobe oder ein falsch berechneter Stichprobenumfang. In der Praxis sollte die Entscheidung über die Zeitdauer der Erhebung aus einer Abwägung dieser Argumente bezogen auf den Betrachtungsbereich erfolgen; eine Datenerhebung über vier Wochen ist ein erster Ausgangspunkt für diese Überlegungen.
Die folgenden Beispiele zeigen, dass die notwendigen statistischen Berechnungen in jedem Fall mit einer intensiven organisatorischen Betrachtung verknüpft werden müssen: