Fish Bowl
Artikel Methoden und Techniken
Bezeichnung der Methode bzw. Technik | Fishbowl (dt. Goldfischglas) |
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Kategorie (Zweck) |
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Anwendungsbereiche |
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Kurzbeschreibung | Mit der Fishbowl Methode wird eine definierte Fragestellung in einer größeren Gruppe von maximal 15-20 Personen diskutiert. Die Methode bietet allen Teilnehmenden die Möglichkeit, aktiv an der Diskussion teilzunehmen. Die Technik fördert damit die kontroverse und vielschichtige Auseinandersetzung mit einem oder mehreren Themen unter Involvierung introvertierter sowie extrovertierter Persönlichkeitstypen. |
Voraussetzungen / Rahmenbedingungen / Grundlagen |
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Grobe Einschätzung des Zeit- und Personalaufwandes | Zeitaufwand: Vorbereitungszeit im Voraus: ca. 45 Minuten Aufwand personell:
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Vorteile / Stärken der Methode |
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Stolperfallen „Darauf sollten Sie achten“ |
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Weiterführende Medien und Quellen |
Einführung
Wer kennt es nicht? Lange Diskussionen zwischen einer kleinen Gruppe an Teilnehmenden, die immer etwas zu sagen haben. Doch was ist mit den anderen Personen im Raum? Personen, die vielleicht eher bessere Zuhörende sind, doch eigentlich gerne etwas beitragen möchten. Personen, die offene Fragen ggf. direkt beantworten können, aber zu dem Zeitpunkt nicht aktiver Bestandteil der Diskussionsgruppe sind? Und genau hier setzt Fishbowl an:
Mit dieser Methode kann eine definierte Fragestellung in einer Großgruppe fernab von Erfahrungswerten oder der Hierarchiestufe diskutiert werden. Der Name des Diskussionsformats geht auf die Sitzordnung der Teilnehmenden zurück. Ein Kreis von 5-7 Diskutant/-innen bilden die Fische des „Goldfischglases“ oder auf Englisch „Fishbowl“. Um diese sitzen oder stehen Teilnehmende in einem größeren Kreis herum und verfolgen aktiv die Diskussion. Dieser Kreis wird auch Außenkreis genannt. Ergänzende Aufgabe der Teilnehmenden im Außenkreis ist es, für sie relevante Erkenntnisse, Fragen, offene Punkte oder To-dos auf farbigen Karten an Metaplanwänden mitzuschreiben. Des Weiteren befindet sich für Personen des Außenkreises ein freier Stuhl im Innenkreis, auf den sie sich setzen können, um ihre Frage innerhalb der Diskussion einzubringen.
Die Fishbowl Methode involviert alle sich im Raum befindenden Personen aktiv an der Diskussion teilzunehmen. Die Technik fördert damit die kontroverse und vielschichtige Auseinandersetzung mit einem oder mehreren Themen.
Für folgende Vorhaben ist die Fishbowl-Methode anwendbar:
- das Herausarbeiten neuer Ideen in einer Kreativitätssitzung,
- den Austausch und Ausgleich von Interessen im Rahmen einer Schlichtung,
- für das Beleuchten eines facettenreichen Themas auf einer Konferenz oder
- für den Entscheidungsfindungsprozess bei Themen, die viele Menschen betreffen.
Wegen der Anordnung der Teilnehmenden wird die Diskussionstechnik manchmal auch Innen-/Außenkreis-Methode genannt. Alternative Bezeichnungen sind Fishbowl-Diskussion oder lediglich Fishbowl.
Zur besseren Nachvollziehbarkeit der Methode befindet sich untenstehend eine Illustration der gängigen Sitzordnung. Der freie Stuhl im Innenkreis für die Fragen des Außenkreises ist ebenso ersichtlich:
Abbildung 1: eigene Darstellung: Sitzordnung für die Fishbowl-Diskussion
Regeln der Methode
- Die Diskussion wird durch eine konkrete Fragestellung eröffnet.
- Gesprochen bzw. diskutiert wird nur im Innenkreis.
- Es spricht nur eine Person.
- Jede Person aus dem Außenkreis kann sich jederzeit auf einen freien Stuhl im Innenkreis setzen, um sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen und ihre Fragen zu stellen.
- Eine Person aus dem Außenkreis, die sich auf den freien Stuhl im Innenkreis begibt, hat sofortiges Rederecht. Nach dem Redebeitrag kehrt die Person wieder in den Außenkreis zurück.
- Ergänzend können Diskussionsregeln der Gruppe transparent kommuniziert werden.
Anwendung der Fishbowl-Methode
- Visualisierung einer konkreten Frage- oder Themenstellung
Die Methode verfolgt eine übergeordnete Frage- oder Themenstellung. Am besten wird diese zentral einsehbar im Raum auf einem oder mehreren (je nach Gruppengröße) Flipcharts oder einer Metaplan-Wand notiert. Hierbei ist es wichtig, dass die Fragestellung für alle verständlich und offen formuliert ist. Je nach Hierarchiekonstrukt und Ergebniswunsch des Auftraggebers bietet es sich zudem an, die Fragestellung im Vorfeld zu definieren oder das Diskussionsthema enger einzugrenzen.
Aufbau und Funktionsweise des Innenkreises
Im Innenkreis diskutiert eine möglichst heterogene, interdisziplinäre Gruppe von 5-7 Personen, um bestenfalls in den gewonnenen Erkenntnissen vom Perspektivenreichtum zu profitieren. Die Diskussion kann im Stehen an mehreren Pulten oder im Sitzen auf Besprechungsstühlen oder Stehhockern erfolgen. Wichtig hierbei ist, dass sich alle Diskutant/-innen in einer festen Redeposition befinden, die eingenommen und jederzeit wieder freigegeben werden kann.
Eine moderierende Person, die den Diskussionsprozess adäquat begleitet ist hierbei unabdingbar. Diese steuert die Diskussion und befindet sich für alle gut ersichtlich im Außenkreis. Zudem stellt sie sicher, dass Personen aus dem Außenkreis sofortiges Rederecht erhalten, wenn sie den Innenkreis betreten. Gleichzeitig weist sie auf die Einhaltung etwaiger Diskussionsregeln hin und bringt, sofern benötigt, weitere Fragen ein, die die Gruppe nochmals in eine andere Diskussionsrichtung lenken, um möglichst viele Perspektiven zu berücksichtigen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Moderation fachliche Kenntnisse im ausgewählten Themenbereich vorweist.
- Aufbau und Funktionsweise des Außenkreises
Im Außenkreis stehen oder sitzen die Beobachter/-innen je nach Raumgröße und -möglichkeiten. Diese verfolgen permanent das Geschehen im „Goldfischglas“ und fertigen relevante Notizen, wie etwa Erkenntnisse, Fragen, offene Punkte, To-do‘s o.ä. auf farbigen Karten an, die an den Metaplanwänden platziert werden. Eine aktive Teilnahme an der im Innenkreis stattfindenden Diskussion ist von außen nicht erlaubt. Hierfür müssen die Beobachter/-innen den Außenkreis und somit ihre Rolle verlassen und sich im Innenkreis in eine proaktive Rolle begeben. Dabei verwenden sie den vorgesehenen freien Stuhl und erhalten sofortiges Rederecht. Abschließend sind im Außenkreis, Gespräche untereinander zu vermeiden.
Erprobte Adaptionen der Methode
Adaption im ministeriellen Kontext aufgrund räumlicher Gegebenheiten
Der klassische räumliche Aufbau der Fishbowl-Methode lässt vermuten, dass bei lokal erschwerten Gegebenheiten (bspw. kleiner Raum) die Fishbowl-Methode nicht erfolgreich oder nur erschwert anwendbar ist.
Es ist zwar förderlich, wenn Sie in Ihrer Organisation einen großen Raum vorfinden, jedoch müssen Sie dem Aufbau des originalen Bildes des „Goldfischglases“ nicht folgen. Es muss folglich kein klassischer Kreis entstehen.
Sofern Sie bspw. auf klassische Besprechungsräume zurückgreifen müssen, bietet es sich an, die Abgrenzung des Innen- und Außenkreis visuell mit Kreppband darzustellen. Zwei Raumbeispiele im ministeriellen Kontext sind Abbildung 2 und 3 zu entnehmen:
Abbildung 2: Räumliche Ausgestaltung Fishbowl im ministeriellen Umfeld
Abbildung 3: Weitere Alternative zur räumlichen Ausgestaltung der Fishbowl-Methode
Situative Erweiterung der freien Stühle im Innenkreis
Um Beiträge des Außenkreises nochmals stärker nach der Art zu differenzieren und den Innenkreis auf den geplanten Beitrag vorzubereiten, wurden in der Behördenpraxis wertvolle Erfahrungen in der Ergänzung um einen weiteren freien Stuhl gesammelt. Folglich existieren im Innenkreis ergänzend zu den Stühlen der Diskutant/-innen zwei weitere freie Plätze:
• ein Stuhl für Fragen (klassische Fishbowl) sowie
• ein Stuhl für Statements.
Diese Plätze werden für alle ersichtlich mit Schildern markiert, sodass jede Person weiß, welchen Stuhl sie wählen muss, um ihre Frage oder ihr Statement zu äußern. Nachdem die Frage oder das Statement platziert wurde, geht die Person zurück in ihre ursprüngliche Position im Außenkreis und verfolgt weiterhin die Diskussion.
Dynamischer Innenkreis
Zu Beginn werden drei Diskussionsgruppen von je 3-6 Personen gebildet. Analog der 6-Hüte-Methode (Gruppendiskussion, bei der die Teilnehmer/-innen unterschiedliche Rollen einnehmen) vertritt eine Gruppe eine bestimmte Rolle, beispielsweise Befürworter, Gegner oder Neutralinstanz.
Die Gruppen tragen nacheinander im Innenkreis für jeweils 10-15 Minuten ihre Argumente vor und diskutieren diese. Anschließend gibt es einen zweiten (und optional auch einen dritten) Durchlauf in umgedrehter Gruppenreihenfolge.
Vorteile und Grenzen der Methode
Die Methode ermöglicht perspektivenreiche Diskussionen. Durch den Mehrwert, dass sich alle Personen am Gespräch beteiligen können, werden immer wieder neue Anregungen und Impulse eingebracht. Neben diesem breiten Blickwinkel erlaubt das Format gleichsam einen Tiefgang bei Einzelfragen. Jede Person kann punktgenau ihre Stärken einbringen. Durch den Wechsel der interagierenden Teilnehmenden zwischen Innen- und Außenkreis bleibt die Diskussion dynamisch, anregend und abwechslungsreich.
Die Methode bietet auch Personen, die lieber zuhören und sich in einer langen Diskussion unwohl fühlen, die Chance, ihre Erfahrungen und Ideen punktuell im Rahmen eines Kurzbeitrages einzubringen. Ob kontroverse Diskussion, Problemlösung, Wissensaustausch – die Fishbowl Methode eignet sich für verschiedene Anlässe. Dabei hält sich der Aufwand für Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung in Grenzen.
Die Fishbowl Methode erfordert Übung sowie eine souveräne Moderation. Im Gegensatz zu einer klassischen Podiumsdiskussion benötigt die Methode einen größeren (Konferenz-)Raum. Die Teilnehmer sollten problemlos zum Innenkreis gelangen und in diesem ungestört diskutieren können. Im Unterschied zur einfachen Handmeldung liegt die Barriere zur Beteiligung an der Diskussion etwas höher. Ein Aufstehen und in den Innenkreis treten, verlangt Bewegung ab und erfordert gleichzeitig Mut. Die Methode erlaubt nur ein Diskussionsgeschehen. Sollen parallel unterschiedliche Teilthemen vorangetrieben werden und mehr kreative Ideen entstehen, eignet sich ggf. die Methode innerhalb eines Barcamp-Formates besser.
Praxistipps
Tipp 1: Je nach Kontext, die Atmosphäre mit einem Warm-up auflockern.
Zur Auflockerung und Vertiefung eines Themas kann im Vorfeld mit einem kleinen Warm-up gestartet werden. Die Akteure sind nun mit dem angestrebten Thema vertraut und haben sich bereits mit dem Gesprächsthema auseinandergesetzt.
Tipp 2: Ablaufregeln visuell verfügbar machen
Es gibt viele Varianten der Fishbowl Methode. Einige Teilnehmer/-innen kennen diese bereits, für andere ist Fishbowl-Methode komplett neu. Unterstützende Flächen wie ein Whiteboard oder Flipchart können dabei helfen, die Regeln einfacher zu verinnerlichen. Zusätzlich sollte die Methode inklusive der Regeln vorab von der Moderation erklärt werden.
Tipp 3: Am Ende der Diskussion die Erkenntnisse zusammenfassen und Feedback einholen, um künftig daraus zu lernen.
Die letzten 5 Minuten der Diskussionszeit werden am besten für eine Zusammenfassung der gewonnenen Diskussionserkenntnisse genutzt. Diese könnte die wertvollsten fünf Erkenntnisse sowie einige Blitzlichter aus der Gruppe abbilden. Unter einem „Blitzlicht“ wird das subjektive Ergänzen der Teilnehmenden verstanden und nochmals auf die Perspektiven- und Wahrnehmungsvielfalt verwiesen.
Bestenfalls schließt das Format mit einer Feedbackrunde, die je nach Größe der Gruppe unterschiedlich ausgestaltet werden kann. Bei größeren Gruppen können Feedbackbögen oder -Feedback-Flipcharts genutzt werden. Auf letzteres kleben die Teilnehmenden auf zwei Achsen beim Verlassen des Raumes einen Punkt. Eine Achse könnte hierbei den Erkenntnisgewinn abfragen und die andere Achse die allgemeine Zufriedenheit oder den Spaßfaktor im Ausprobieren der Methode.
Literaturverzeichnis
Liberating Structures, Fishbowl der Erfahrungen, https://liberatingstructures.de/liberating-structures-menue/user-experience-fishbowl/ [abgerufen am 27.07.2023].